German Council Magazin 04.2017 - page 11

GCM 4/2017
GERMAN COUNCIL . Kompetenz
trainer hat einen klaren Auftrag: Er soll den
Sprung in die Bundesliga oder den Klassener-
halt schaffen oder Meister werden. Und das
Ganze zeitlich relativ begrenzt, innerhalb einer
Saison. Sieht man nach drei oder vier verlore-
nen Spielen, dass das vermutlich nicht hinhaut,
wird gefordert, dass der Manager handelt. In
den meisten Fällen wird der Trainer gefeuert,
weil das als die beste Möglichkeit zur Verbesse-
rung der Situation erscheint. Da wird dann je-
mand gesucht, der andere Kompetenzen mit-
bringt und das Ruder noch mal herumdrehen
kann.
Und funktioniert´s?
Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass es ei-
gentlich nichts bringt. Aber diejenigen, die nach
einem spontanen Trainerwechsel beispielsweise
den Klassenerhalt geschafft haben, werden sich
bestätigt sehen.
Nach der Profikarriere wechseln viele Sportler
auf die Trainer- oder Managerseite, als sei das
eine Selbstverständlichkeit. Tatsächlich eine
gute Lösung?
Es gab mal einen Fußballer, der wollte nach sei-
ner aktiven Karriere unbedingt Manager des 1.
FC 04 Ingolstadt werden. Seine Begründung: Er
hätte noch so viele Telefonnummern in seinem
Adressbuch. Er hat den Job nicht bekommen.
Aber das Beispiel zeigt deutlich, wie hoch Kon-
taktpflege und Netzwerken eingeschätzt wer-
den und dass beides auch als Kompetenz-Faktor
angesehen wird – nicht nur beim Sport. Aber
die Zeiten ändern sich. Verbindungen sind zwar
immer noch wichtig, aber nicht mehr das aus-
schlaggebende Kriterium. Glücklicherweise ist
auch der Trend, dass Spieler automatisch Trai-
ner oder Manager werden, rückläufig. Ebenso
wie der Mythos, dass man als guter Fußballer
auch andere Spieler trainieren kann. Wer sich
aber berufen fühlt, kann schon früh diesen Weg
gehen – und zwar parallel zur aktiven Karriere.
Wir bieten beispielsweise für zukünftige Sport-
manager ein Programm »Fußballmanagement«
an, das begleitend zur Fußballkarriere erlaubt,
einen Bachelor-Abschluss zu machen und sich
schon früh auf die Karriere nach der Karriere
vorzubereiten.
Im Herbst werden Sie Spitzensportler wissen-
schaftlich bei einer neuen Untersuchung beglei-
ten. Es geht um die Kompetenzen, die sie im Rah-
men ihres Profisports erworben haben und opti-
mieren wollen. Welche Art von Kompetenzge-
winn kann eine Skiläuferin wie Victoria Rebens-
burg durch ein Forschungsprojekt erlangen?
Wir werden qualitative Interviews mit Top-
Sportlern führen und dabei ein KODE-Analyse-
verfahren anwenden, das die vier Grundkom-
petenzen misst: die personale Kompetenz, die
den Umgang mit sich selbst beschreibt; die so-
zial-kommunikative Kompetenz, bei der es um
die Fähigkeit geht, mit anderen umzugehen;
die fachlich-methodische Kompetenz – wie
geht man mit der faktischen Welt um – und die
aktivitäts- und handlungsbezogene Kompe-
tenz, bei der es um die Umsetzung von Hand-
lungsabsichten geht. Aus all diesen Kompeten-
zen, die ich vermutlich in unterschiedlicher
Ausprägung besitze, ergibt sich mein Handeln.
Die Reflexion auf sich selbst ermöglicht neue
Perspektiven für das persönliche Handeln. Die
Sportler sollen sich dabei vor allem ihrer Stär-
ken bewusst werden.
Hört sich mehr nach einer Ausbildungseinheit
für Top-Manager an. Sind Hochleistungssportler
und Führungskräfte zwei Seiten einer Medaille?
In gewisser Weise schon. Der Sportler braucht
Zielstrebigkeit, Fleiß, sehr viel Disziplin, Einsatz-
bereitschaft und Ausführungskompetenz. Ohne
hervorragendes Selbstmanagement kommt er
nicht weiter und schon gar nicht zum Ziel. Der
Sport fordert sehr viel; andererseits prägt der
Sport auch die Persönlichkeit. Vor allem im
Mannschafts- oder Teamsport lernt man sehr
viel über sich und auch über den Umgang mit
anderen. Das dürfte auch für Führungskräfte
unerlässlich und deshalb eine gute Schule sein.
Und was sicher am wichtigsten ist: Durch den
Sport lernt man Demut und Scheitern. Nur wer
gefallen ist, weiß, wie schwer es ist, aufzustehen
© Dmytro Aksonov – istockphoto.com
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