German Council Magazin 04.2017 - page 3

Allein diese drei Wettbewerbsnachteile gerei-
chen dem Endverbraucher in der Wahrneh-
mung der Kompetenz des stationären Einzel-
handels zu schlechten Noten und eindeutig
nachrangigem Kompetenzranking im Ver-
gleich zum Online-Handel. Sichtbar wird dann
die wahrgenommene Kompetenz langsam in
Leerständen und in der Folge an ungepfleg-
ten Quartieren. Der onlineaffine Konsument
geht durch seine Stadt und sieht in wenigen
Sekunden genug Gründe, lieber online zu
kaufen.
Wer eine lebens- und liebenswerte Stadt will,
der muss sich für eine spürbare Verbesserung
der Rahmenbedingungen des stationären Ein-
zelhandels einsetzen. Hier ist die Kompetenz
der Politik und insbesondere der lokalen Ver-
waltung und Wirtschaftsvertretungen auch ge-
fragt. Auf dem Weg zum zukünftigen Omni­
channelhandel ist es nicht fair und klug, den
stationären Einzelhandel – es sind die bisheri-
gen, wichtigen Steuerzahler und Arbeitgeber
der Stadt – passiv zu beobachten, anstatt aktiv
mit Ideen, Maßnahmen und Entscheidungen
für Chancengleichheit und faire Rahmenbedin-
gung zu sorgen. Eine neue gesellschaftliche
Kompetenz kann für eine gemeinsam gestaltete
lebendige Stadt mit modernen Marktplätzen
entstehen. Wir sind dabei. 
Mit herzlichem Gruß
Klaus Striebich
Liebe Leserinnen und Leser,
diese Ausgabe unseres German Council Maga-
zin erscheint quasi am nächsten Tag nach unse-
rem erfolgreichen Jahreskongress in Berlin di-
rekt zur 20. EXPO REAL in München. In den we-
nigen Tagen dazwischen entsteht das, was wir
hier in den Händen halten. Das nenne ich Kom-
petenz. Digitalisierung greift auch hier in die
Räder, und mit unserer neuen GCM App werden
wir unsere »Printkompetenz« auch digital sicht-
bar machen. Auf allen gängigen mobilen End-
geräten ist das Magazin dann bequem lesbar,
wobei es natürlich gedruckt in den Händen lie-
gend am schönsten ist. Aber: Es geht nicht ohne.
Der Einzelhandel befindet sich in einer ver-
gleichbaren Veränderungsphase – mit dem Un-
terschied, dass er seine »Kompetenz« nicht so
einfach in einer App darstellen und verwandeln
kann.
Die Herausforderungen liegen sehr vielschichtig
und lassen sich nicht mit einem Klick durch den
Kaufmann lösen. Wo aber liegt im Kern die Kom-
petenz des stationären Einzelhandels? Welchen
Wert hat seine individuelle Sorge um den Kun-
den, sein persönliches Risiko bei Personal und
Ware, sein soziales Engagement als Arbeitgeber
und auch seine Rolle als Steuerzahler vor Ort?
Worauf kommt es an und wie kann man diesen
Vorteil in Zukunft kommunizieren?
Kompetenz entsteht ja zum einen immer in der
Wahrnehmung anderer. Es wird das Ergebnis,
das fertige Produkt bewertet und der echte Nut-
zen gemessen. Andererseits ist Kompetenz
auch sozusagen eine gefühlte Beurteilung des
Anderen, der Leistung. Blicken wir mit diesen
beiden Sichtweisen auf den stationären Einzel-
Vorwort
handel und versuchen die Fragen weiter zu er-
gründen, so lässt sich feststellen, dass es zum
Einen oft die hohe Kompetenz in der Sache –
Ware, Dienstleistung – selber gibt, aber die ge-
fühlte Kompetenz im Vergleich zum reinen On-
line-Handel – und das ist ja heute und in Zu-
kunft die Messlatte – deutlich auf den hinteren
Plätzen landet. Gründe hierfür gilt es daher zu
suchen. Sicher muss jeder Kaufmann auch seine
Hausaufgaben machen, aber in drei Themenfel-
dern ist er nahezu chancenlos und somit kom-
petenzlos.
Öffnungszeiten und dort besonders die Sonn-
tagsöffnung freizugeben – das liegt in der Ent-
scheidungsgewalt der Landesregierungen und
Städte. Er kann eben nicht verkaufen wenn der
Kunden kaufen will.
Sortimentsbeschränkungen verbieten mancher-
orts den lebendigen Marktplatz, da eine verklei-
nerte Textilverkaufsfläche nicht einfach mit ei-
nem Café oder Foodcourt ergänzend wieder at-
traktiv gestaltet werden kann und somit die
Menschen in der Stadt hält bzw. zurück vom PC
holt.
Genehmigungsprozesse zur Registrierung einer
neuen Domainadresse, mit dem Ziel eine nette
»Onlinehandelsplattform« zu gründen, dauern
wenige Minuten bis maximal wenige Stunden.
Will der Kaufmann seinen Einzelhandelsstand-
ort umbauen, erweitern oder sogar als zukünf-
tigen Wohn-/Shoppingstandort mit Ärztehaus
anders nutzen, dann bedeutet diese zukunfts-
orientierte Veränderung oftmals Wartezeiten
und Genehmigungsprozesse, die Monate und
oft mehrere Jahre dauern.
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